Logbuch Segeln

Der erste Törn im Mai 2021

Schleimünde

Corona, immer noch Corona

Der erste Törn begann in diesem “Corona-Frühling” natürlich im Testzentrum. Nein, das ist nicht richtig. Der erste Törn in dieser absolut chaotischen Zeit begann natürlich mit einer ausgiebigen Internetrecherche. Was darf ich? Wo darf ich das? Was muss ich an den jeweiligen Standorten beachten? Sind die Regeln vielleicht sogar von Hafen zu Hafen unterschiedlich?

Kurz zusammengefasst gilt für unseren Törn: 

-Es gibt in Schleswig Holstein Modellregionen, in denen Urlaub grundsätzlich möglich ist.

-Dazu gehören die für uns interessanten Regionen Schlei und Eckernförde mit den Häfen Schleimünde, Damp und Eckernförde Stadthafen.

-Grundsätzlich muss vorher ein Test in einem Testzentrum gemacht werden, der nicht älter als 48 Stunden sein darf.

-Für Schleimünde muss man vorher telefonisch reservieren.

-Man darf keine coronatypischen Symptome haben, und so weiter

Welcher Hafen soll es sein?

Für uns hieß das, Prio 1 Schleimünde. Also gleich am nächsten Tag ran ans Telefon. Ein total netter Hafenmeister meldet sich. Er muss leider vermelden, dass alle seine Plätze ausgebucht sind. “Päckchen liegen ist leider nicht drin. Aber probiert es gerne morgen noch einmal. Manchmal springt ja auch jemand ab.”

Danach folgen Eckernförde und Damp. Auch die Hafenmeister sind total nett und scheinen sich riesig auf Besuch zu freuen. Bei beiden müssen wir nicht reservieren, sondern können einfach kommen. “Aber denkt an einen negativen Test!”

Glück gehabt. Was im Rest Deutschlands scheinbar noch nicht geht, ist hier an der Küste Schleswig-Holsteins möglich. Wir können zwei Tage irgendwo hin segeln.

Freitag Abend geht es also zum “Drive Through Testzentrum” auf dem Famila Parkplatz. “Es dauert so 15 Minuten. Aber gehen sie zwischendurch nicht einkaufen! Warten sie hier!”

Was ist der Unterschied, wenn wir erst einkaufen würden und dann zum Test? Na egal, wir tun dem jungen Mann den Gefallen und warten brav auf dem Parkplatz neben seinem Zelt. Die Tests sind natürlich negativ und so kaufen wir danach ein paar Kleinigkeiten für die zwei Tage ein.

Es geht los

Dietrichsdorf
Hafen Dietrichsdorf

Samstag Morgen geht es dann tatsächlich los. Schnell noch die restlichen Segel, unsere Klamotten, Schlafsäcke, Verpflegung und Wasser den kurzen Weg vom Parkplatz ins Boot bringen. Unser neuer Liegeplatz in Kiel-Dietrichsdorf (wir sind jetzt Mitglieder im SVS Kiel) gefällt uns immer besser! Dann geht es auch schon los. Sobald wir aus unserer Boxengasse heraus und an den anderen vorbei sind, wird die Schwentine hier schön breit und man hat alle Zeit der Welt die Segel zu setzen. Wendtorf war irgendwie tüdelliger. Entweder vorne im Vorhafen die Segel setzen und meist viel zu schnell für die anderen Boote durch die lange, schmale Hafeneinfahrt oder erst draußen die Segel setzen. 

Großsegel setzen

Apropos Segel setzen. Im Winterlager haben wir uns noch einmal viele, lange Gedanken gemacht, warum das Großsegel so schwer hochzuziehen ist. Wir haben ein Jahr zuvor sogar einen Flaschenzug in das Großfall montiert, damit es etwas leichter geht. Letzte Saison  war es für Katrin alleine unmöglich, ungerefft zu segeln, weil sie das Segel nicht mehr ganz hoch bekommen hat. Zum einen hingen die Umlenkrollen im Masttop fest. Wir haben neue größere Rollen eingebaut und die Bolzen ausgetauscht. Zum Anderen schien sich das Großfall mit dem Fockfall im Mast zu bekneifen. Da haben wir das leichtgängige Fockfall im Mast verlegt. Jetzt läßt sich das Groß wieder deutlich leichter setzen.

Auf nach Schleimünde

Also Segel hoch und los. Der Wind stellt sich heute als etwas unzuverlässiger Partner heraus. Zunächst kommt er mit etwa zwei Windstärken aus West. Später soll er auf Süd drehen und etwas aufbrisen. Wir beschließen also bis zum Leuchtturm mit Groß und Genua zu segeln und später den Code 5 oder wenn der Wind noch nicht südlich genug kommt mit Code 0 weiter zu segeln.

Ab und zu kommt die Sonne raus. Es ist noch etwas kalt, aber für den Sonntag sind Temperaturen jenseits der 20 Grad angesagt.

Ich versuche noch einmal mein Glück beim Hafenmeister von Schleimünde. “Ach, da habt ihr gerade Pech gehabt. Es ist jemand abgesprungen aber der Platz ist gleich wieder weggegangen. Versucht es in einer Stunde noch einmal. Kann sein, dass noch jemand abspringt.” Ich versuche es in einer Stunde wieder, habe aber erneut Pech. Auf seine Aufforderung noch einmal anrufen zu können, sage ich ihm, dass wir jetzt Richtung Eckernförde abbiegen und uns dann erst später in der Saison treffen werden.

Keine fünf Minuten später ruft er dann bei mir an. “Wenn ihr noch wollt, es ist gerade noch ein Platz frei geworden!” “Ja, wir wollen!” “Denkt an den Corona-Test!” “Ja, haben wir dabei!”

Also nach Schleimünde.

Einschaukeln – am Anfang des Jahres ist alles wieder neu

In der Zwischenzeit haben wir uns für den Code 5 entschieden. Das stellte sich allerdings relativ schnell als Fehler heraus. Wir sind viel zu hoch am Wind für das große Segel und es ist noch viel zu früh in der Saison.

Kieler Förde
Kieler Förde

Eine kurze Boe stellt die Polka direkt in den Wind und sogar noch etwas zu weit. Die Wende ist nicht mehr aufzuhalten. Ich versuche noch, den Code 5 rüber zu bekommen, entscheide mich aber dann fürs Bergen. Er fällt der Länge nach ins Wasser. Das klatschnasse Segel reinholen geht bei den Ausmaßen auf einem Mini immer noch recht einfach. Auch darum lieben wir unser kleines Boot so sehr. Bei einem großen Boot in der Kieler Förde möchte ich nicht im dicken Wochenendverkehr da mitten drin stehen und an einem viel zu großen Segel rumzerren. Unser Segel ist in zwei Minuten wieder an Bord und weiter geht es. Ich breite den Code 5 so weit es geht im Cockpit aus, damit er die Chance hat ein wenig zu trockenen.

Flauten gehören dazu

Wir entscheiden uns dafür, außen um das U-Boot Übungsgebiet vor Damp zu fahren. Der Wind verliert teilweise jede Kraft und wir wollen nicht so nah in die Küstenabdeckung kommen.

Eine nächst Boe in einem unaufmerksamen Moment stellt uns noch einmal in den Wind. Katrin hat erst einmal den Kaffee auf und will nicht mehr steuern. Ich weiß nicht wie oft das schon passiert ist. Zehn Minuten nachdem Katrin mir die Pinne übergeben hat, ist der Wind weg. Ich glaube manchmal, sie hat einen siebten Sinn dafür. ;-}

Weit draußen dümpeln wir eine geschlagene Stunde ohne Wind weit vor Damp umher. So ziemlich alle Segelboote stellen auf “Stahlfock” um und knattern ihrem Ziel entgegen. Wir sagen uns, dass wir zum Segeln hier sind. Auf einer Bank am Leuchtturm von Schleimünde zu sitzen ist auch nicht schöner als hier an Bord. Also gibt es erst einmal einen Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen. 

Nach einer Flaute ändert sich oft die Windrichtung. Dieses Mal auch. Jetzt kommt der Wind statt aus Süd eher aus Nordwest. Hart am Wind kämpfen wir uns in Richtung Nord. Auf halbem Weg vorbei am Sperrgebiet dreht er dann wieder auf West. Sollen wir den Code 5 noch trocken segeln? Wir sind beide im “ich sitze hier lieber rum und mache nicht mehr als nötig” Modus und segeln einfach weiter. 

Wir umrunden die nordöstliche Ecke des Sperrgebietes und kreuzen in Richtung Schleimünde. Dabei fallen uns immer wieder andere Boote auf, die kreuz und quer durch das Sperrgebiet fahren. Sind die Tonnen mittlerweile nur eine Empfehlung? Na egal, wir halten uns dran und fahren im Zweifel einen Umweg. Wie schon gesagt, wir sind zum Segeln hier und nicht für die Bank im Hafen.

Schleimünde

Direkt vor Schleimünde dreht der Wind dann tatsächlich auf Süd. Wir nehmen das Groß schon draußen runter, auch das funktioniert jetzt viel besser, und segeln mit Genua am Leuchtturm vorbei. Direkt vor dem Hafen kommt dann auch die Genua runter. Wir machen eine kleine Ehrenrunde durch den Hafen und entscheiden uns für den einen Platz ganz vorne an der Außenmole. Die zwei anderen Plätze sind riesig und wir wollen mit unserer kleinen Kiste ja auch niemandem mit einem 12 Meter Schiff einen Platz wegnehmen. 

Beim Leine überwerfen entdecken wir eine Möwe, die im Poller brütet. Sie schimpft uns kurz an und fliegt eine kleine Runde, als wir die Leine überwerfen. Anscheinend ist noch nichts geschlüpft, sonst sind die “Biester” auch gerne aggressiver. 

Schon beim Anlegen kommt der Hafenmeister angelaufen und fragt ob wir reserviert haben. Keine leichte Aufgabe, die Übernachtung nur Booten zu ermöglichen, die auch reserviert haben. Drei Plätze weiter muss eine Yacht gerade den Hafen wieder verlassen. Das Schauspiel sehen wir noch mehrmals den Abend. Wir hatten wirklich Glück mit unserer Reservierung.

Wir machen unsere Polka ordentlich fest, schnappen uns Geld, negativen Test und Masken und trotten los in Richtung Hafenmeister. Dort sitzt nicht mehr wie früher die Bändchen häkelnde Dame, sondern zwei junge Männer, die aber auch super nett sind und mich bitten die Luca App für die Kontaktverfolgung zu installieren. Mache ich, kein Problem. Nachdem der Corona-Test genauestens geprüft wurde, bin ich mit einem geknoteten, nicht gehäkelten Bändchen in der Hand auch wieder draußen. 

Endlich wieder Giftbude

Katrin hat schon einen Platz in der Giftbude, oder besser gesagt vor der Giftbude besorgt. Der Wind ist kalt, es ist unangenehm, aber wir sitzen vor einem Restaurant und bekommen gemachtes Essen. Ein wenig Normalität ist da, alle haben super gute Laune. Also ertragen wir die Kälte und essen jeweils eine Kutterscholle mit Bratkartoffeln. Die Scholle geht so und ist für meine Begriffe etwas wenig, aber zusammen mit zwei Weizen dennoch eine runde Sache. Die Leute lachen und reden angeregt miteinander. Hin und wieder kommt ein neues Boot rein. Die meisten müssen wieder raus, weil sie nicht reserviert haben. Wir sehen Steffie und Frank von der Werft in Kiel, die unser Boot damals wieder zusammengeflickt haben, als wir mit dem Sturmschaden schon fast gedacht haben es ist vorbei mit Mini-Segeln. Eine Horde Kinder läuft aufgeregt hin und her. Ein wirklich gelungener Abend. Als letzte Aktion bestellen wir noch 4 Brötchen fürs Frühstück in der Giftbude.

Bastelstunde

Später an Bord lesen wir noch ein wenig im Buch “Segeln mit Huhn” und essen eine Tüte Pistazien. Als es dann dunkel wird überprüfe ich beiläufig unsere Dreifarbenlaterne im Masttop. So ein Mist, sie bleibt dunkel. Nach einer halben Stunde habe ich das Problem lokalisiert. Wir müssen nicht in den Mast und die Laterne austauschen, es reicht die Kontakte unten an der Klemme neu zu machen. Mach ich noch schnell. Glück gehabt. 

Dann gehen wir noch einmal den langen Weg zum Toilettenhäuschen und verabschieden uns für den Tag.

Unruhige Nacht

Die Nacht ist unruhig. Mehrere Regenschauer mit Böen wehen in den Hafen. Die Wellen zerren an den Leinen, so dass sogar Katrin zwischendurch aufsteht und nachsieht. Sogar, weil das normalerweise mein Part ist, nachts in Unterhose das Boot nochmal zu sichern. Aber es ist alles ok. Außer der fehlende Schlaf. 

Der erste Gang in der Früh führt uns zum Waschhäuschen. Die Duschen sind gesperrt aber Zähneputzen geht. Dann zur Giftbude die Brötchen holen.

Wir kochen uns einen super Kaffee und frühstücken ausgiebig im Cockpit. Dabei lernen wir die Bootsnachbarn kennen. Ein Pärchen, etwas jünger als wir mit einer 11 Meter J. Tolles Boot, nette Leute. Wir unterhalten uns angeregt über sportliche Segelboote, die Vendee Globe und das Minitransat. Es stellt sich heraus, sie haben ja auch ein super sportliches Boot, dass auch für sie der Spaß am Segeln im Vordergrund steht und sie auch noch vor den großen Rückenschmerzen ein gleitfähiges Boot ausprobieren wollen. Recht haben sie!

Der Wind kommt blöd von schräg hinten. Wir haben uns nur mit einer Heckleine festgemacht und keine Möglichkeit uns zur Seite abzusichern. Wir werden also auf die schicke J treiben, wenn wir ablegen. Also diskutieren wir das Manöver. Unsere Nachbarn bieten sofort ihre Hilfe an, Fendern ihr Boot ordentlich ab und stehen beim Ablegen bereit. Man merkt ihnen an, dass sie nicht nur Angst um das frisch lackierte Boot haben, sondern dass sie insgesamt freundlich sind. Sie haben auch den Nachbarn auf der anderen Seite direkt ihre Hilfe angeboten. Die müssen allerdings warten, bis wir raus sind. 

Mit der Hilfe der Nachbarn und unserem überlegten Manöver klappt das Ablegen 100 %ig. Nur die arme Möwe erschrecke ich ziemlich, als ich ihr die Leine über die Ohren ziehe. Sie schimpft lauf, ist aber wohl zu erschrocken um mich zu bestrafen und setzt sich sichtlich verwirrt wieder auf ihr Gelege.

Der Wind hat über Nacht auf Südost gedreht. Also ziemlich gegenan. Wir entschließen uns wieder außen herum ums Sperrgebiet zu segeln, weil wir an der Steilküste zwischen Schlei und Damp negative Capeffekte erwarten. Also wieder unter Genua raus aus der Schlei und draußen das Groß hoch. Erst einmal hart am Wind in Richtung West. Auch heute kann der Wind sich nicht so richtig entscheiden. Wir schaffen teilweise 120 bis 140 Grad und somit schon eine gute südliche Komponente in unserem Kurs. Also kreuzen wir draußen hinter dem Sperrgebiet relativ schnell einmal. Bei der zweiten Kreuz hat der Wind dann soweit gedreht, dass wir Kurs direkt auf den Leuchtturm Kiel nehmen können. Der Wind ist eiskalt und wirklich unangenehm. 

Am Leuchtturm, wir schaffen ihn mit dem einen Schlag, dreht sich der Wind immer hin und her. Wir kämpfen und in Richtung Schilksee. Als wir nach mehreren Schlägen dort angekommen sind, hat der Wind wieder soweit gedreht, dass wir fast in die Förde segeln können. Vor Laboe müssen wir noch einmal Wenden, ansonsten kommen wir aber gut rein. 

Zwischenzeitlich kommt der Wind so warm vom Land herüber, dass man hätte annehmen können, dass es an Bord brennt. Die Menschen am Strand in Badehose zeigen uns, dass es an Land auch wirklich warm sein muss. Wir zwei stecken tief eingepackt in Ölzeug und frieren hier an Bord immer noch denn über dem Wasser steht eiskalte Luft.

Hinterm Leuchtturm baut sich ein Unwetter über Kiel auf. Sogar ein leichter Böenkragen ist zu erkennen. Wir diskutieren, ob wir zur Sicherheit das Groß runter nehmen sollten. Da es mit dem Bergen aber so schön klappt entscheiden wir uns dagegen. “Wenn es anfangen sollte, müssen wir aber schnell reagieren!”

Wir müssen nicht reagieren. Außer ein paar Regentropfen bekommen wir nichts ab. An der Schwentinemünde nehmen wir die Segel runter und motoren bei absoluter Windstille zu unserem Platz.

Wir packen recht schnell unsere Klamotten zusammen, stecken das nasse Code 5 Segel ein und beenden unseren ersten Ausflug. Auch wenn die Corona Regeln etwas nervend waren, sind wir doch glücklich einen ersten Ausflug gemacht zu haben. Hoffentlich können wir bei unserem nächsten Törn nach Pfingsten auch noch andere Häfen ansteuern und zumindest ein wenig auf Tour gehen. 

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