Logbuch

Sommertörn 2019

Leuchtturm Schleimünde

Eine Woche Mini intensiv

Katrin und ich sind „völlig untersegelt!“ Dieses Jahr haben wir zu viele andere Termine und kaum Zeit segeln zu gehen. Wir konnten lediglich eine Woche für uns zum Segeln rausschlagen. Wir beschließen nicht einfach drauf los zu segeln, sondern das Beste daraus zu machen. Der Plan ist:

  • Spi und Gennaker vernünftig setzen und bergen können,
  • über 10 Knoten schaffen und
  • Katrin möchte danach alleine mit dem Mini rausfahren können.

Eine Woche Mini intensiv.

Ob wir alles geschafft haben, lest ihr in der folgenden Geschichte. Eins kann ich vorwegnehmen. Die Woche war mal wieder spitze.

 

 

 

 

Die Polka zu kippen ist nicht leicht

Jahr:          Reise Nr. :
Datum: 17-06-2019
Ausgangshafen :          Zielhafen :
Distanz: 13,5 sm    signifikantes Wetter: sonnig

Leuchtturm Friedrichsort

Montag -Immer was zu basteln

Zunächst beginnt der Urlaub wie so oft, mit einer kleinen Reparatur. Wir müssen das Großfall austauschen und da ein Ende vom Fall ganz oben am Masttop befestigt ist müssen wir da rauf. Das Großsegel läuft nicht auf Mastrutschern, sondern hat eine Keder, also ein eingenähtes Seil, das durch eine Nut im Mast geführt wird. Außerdem ist es mehrfach durchgelattet. Das zusammen ergibt so viel Reibung, dass es nur schwer zu setzen geht. Ein Freund hat uns geraten, einen Flaschenzug einzubauen. So benötigt man zwar deutlich mehr Leine, aber nur die halbe Kraft beim Setzen. Ein Ende vom Flaschenzug ist im Masttop befestigt. Dann geht es runter zum Groß und wird über einen Block wieder nach oben geführt. Leider hatten wir einen leicht ausgeschlagenen Umlenkblock, der das Fall beim Segelsetzen aufgerissen hat. Das muss nun ersetzt werden.

Aber wie kommen wir an den Masttop? Mit dem Bootsmannstuhl sind wir nicht ganz nach oben gekommen. Katrin mit dem Mastkran hochziehen durften wir nicht. Eine neue Idee muss her. Ein Test beim Sicherheitscheck bei Class Mini Rennen besteht aus einer Kippprüfung. Hier gibts dazu ein Video auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=v24Nd4RwiZg

 

Dazu kippt man den Mini im Wasser auf die Seite und dann wird die aufrichtende Kraft an der Mastspitze gemessen. Also muss man auch unsere POLKA auf die Seite legen können.

Bevor wir lossegeln gehen wir noch Butter, Nutella und 5 Minuten Terrinen einkaufen. Die Woche wird kein kulinarisches Highlight. Wir beladen das Boot und dann schnell los.

Für die Reparatur haben wir uns den Steg vom Yacht Service Kiel ausgeguckt. Der ist recht hoch und wir müssen die POLKA nicht ganz auf die Seite legen. Bei dem schwachen Wind ist es ein weiter Weg dahin. Immerhin halten wir mal wieder fast als Einzige durch und werfen den Jockel trotz Flaute nicht an. Um 14:30 erreichen wir den Steg, an dem leider Boote in Zweierreihen liegen. Keine Chance für uns hier am Boot zu arbeiten. Weitersuchen!

Uns fällt die Mole am Seefischmarkt ein. Die ist etwas flacher, aber so groß, dass für uns auf jeden Fall ein Platz zum Werkeln da ist.

Mit auffrischendem Wind geht es weiter in die Förde. Am Seefischmarkt weht es mittlerweile schon recht stark entgegen. Wir legen dennoch an einer Leiter an und bereiten eine halbe Stunde das Kippen vor. Aber so wird das nichts. Wenn der Wind die Polka beim Kippen erfasst, dreht er sie zur Seite und sie verkratzt am rohen Beton der Kaimauer. Wir geben den Versuch auf und suchen die Förde weiter nach einer geeigneten hohen und windgeschützten Mole ab. Zwischenzeitlich geht uns noch mitten im Fahrwasser der Sprit aus. Wir hatten heute Morgen nicht getankt. Mist, das üben wir aber noch. Gut, dass nicht gerade eine Fähre raus will. Das Nachtanken geht schnell und damit auch die Fahrt weiter. Es geht zurück in die Schwentinemündung zu unserem Winterlager. Bestimmt hat Tim, der Hafenmeister, noch einen Platz für die Nacht. Wenn wir Glück haben, kann er uns auch morgen mit seinem Kran helfen.

Ein freier Platz ist da. Wir quatschen noch ein wenig mit einem Winterlagernachbarn der sein Boot auch im Sommer hier liegen hat, machen das Boot fertig und fahren dann mit dem Bus in die Stadt. Etwas Essen und dann John Wick 3 im Kino ansehen. Das Essen beim Chinesen ist super, der Film? Naja. Ich fürchte ich brauche für längere Zeit keinen Film mehr aussuchen. Dieser hier kommt gänzlich ohne sinnvolle Handlung, dafür aber mit gefühlt 1000 Toten aus. Das ist selbst mit zu platt.

Wir haben den Schlüssel für das Tor vom Winterlager vergessen und da wir nicht sicher sind, ob das Tor über Nacht aufbleibt, nehmen wir den Bus zu Katrin und schlafen noch eine Nacht im richtigen Bett.

Segeln im Gewitter

Jahr:          Reise Nr. :
Datum: 18-06-2019
Ausgangshafen :          Zielhafen :
Distanz: 39 sm    signifikantes Wetter: Gewitter

Gewitterwolke

Dienstag – schön, dass immer jemand für uns da ist

Der Wecker klingelt um 7 Uhr. Noch schnell einen Kaffee trinken, duschen und los geht’s. Wir treffen den Hafenmeister Tim im Hafen. „Kein Problem, das kriegen wir hin. Ich frühstücke noch schnell. Legt euch ruhig schon unter den Kran!“

Kennt ihr das? Plötzlich ist  jemand da, der dein Problem wie selbstverständlich löst. Wir kurven den ganzen Tag durch die Förde und für Tim regelt das mal eben nach dem Frühstück. Tim ist kurz an seinem Kran hochgeklettert und hat das neue Fall angeknotet. Und dafür wollte er genau… nichts, haben. Ich konnte immerhin 20 € in die Kaffeekasse werfen. Tim und seine Kollegen haben uns schon so oft geholfen. Wer in Kiel ein Winterlager sucht, sollte unbedingt mal zur Schwentinemündung gehen!!

Hier noch ein kleiner Appell an alle gestressten Segler, die immer alles sofort fertig haben wollen und wenn das nicht geht, gleich rummaulen. Euer Problem ist euer Problem nicht das der Leute vom Bootsservice, Winterlager, Ersatzteilverkauf oder Hafen. Trotzdem sind die meist sofort für uns da, wenn wir ankommen. Die haben immer eine Idee, die können improvisieren und uns so doch noch unseren Urlaub retten. Auch das sind nur Menschen, die ihren Job machen. Die meisten helfen gerne, aber nicht, weil wir das erwarten sondern weil die ihren Job gut machen wollen. Ohne sie, wäre für uns schon der ein oder andere Urlaub ins Wasser gefallen. Also schluckt euren Frust runter, und denkt erst drüber nach, ob rummuffen wirklich hilfreich ist.

Das soll jetzt auch nicht heißen, dass man sich alles gefallen lassen muss, aber zumindest sollte man wenigstens einmal darüber nachdenken, ob die eigene Lautstärke in diesem Moment angemessen ist. Wenn zu viel Wind ist, müssen wir ja auch mal einen Tag im Hafen bleiben und manchmal ist jemand anderes vor uns da, der es genauso eilig hat wie wir.

Heute ist unser Ziel Bagenkop. Die Vorhersagen melden drei Beaufort, wir sollten abends pünktlich da sein. Die meiste Zeit fahren wir hart am Wind und können nur kurz den Code 0 zu Hilfe nehmen. Dennoch bringen wir es bei wenig Welle permanent auf 5-6 Knoten.

Nachmittags sehen wir über dem Festland ein Gewitter. Es baut sich schnell auf und sieht schon sehr imposant aus. Auf Höhe Eckernförde ändert es seine Richtung. Es zieht jetzt nicht mehr die Küste nordwärts entlang, sondern biegt hinter uns über die dänischen Inseln in Richtung Nordost. Es geht über Ærø grummelnd und blitzend an uns vorbei.

Das nächste Gewitter zieht vor uns durch. Es ändert dabei seine Richtung nicht und bleibt auf Nordkurs. Danach wird der Himmel wieder klar und wir freuen uns schon, verschont geblieben zu sein. Zu früh. Als wir bereits die Masten der Boote in Bagenkop erkennen zieht südlich von uns ein weiteres Gewitter auf. Es sieht aus wie eine graue Wand und selbst die Regenschwaden haben dieselbe dunkle Farbe wie die Wolke und das darunter liegende Meer.

Wir nehmen die Genua runter und binden das zweite Reff ins Groß. Sicher ist sicher. So stehen wir in der Flaute auf der Stelle. Zunächst sieht es so aus, als würde auch dieses Gewitter seine Richtung ändern und uns verschonen. Aber dann nähert sich ein Geräusch wie eine einfahrende U-Bahn und wird schnell lauter. Innerhalb von Sekunden befinden wir uns in einem Wolkenbruch, der aus dem aufgetuchten Teil des gerefften Großsegels einen 10 Liter Eimer Wasser nach dem anderen auf unsere Füße zu kippen scheint. Es sind wirklich Unmengen Wasser, die in kürzester Zeit auf uns niederprasseln. Und dann kommt der Wind. Zunächst schwach, später surfen wir mit dem 2-fach gerefften Groß mit über 8 Knoten wieder weg von Bagenkop. Wir wollen nicht in eine Legerwall-Situation geraten und nehmen lieber Kurs raus auf die freie See.

Die Wellen können sich nicht so schnell aufbauen, so dass die Fahrt bei viel Wind und glatter See tierisch Spaß macht.

Katrin: Und während ich in der Ecke der Plicht auf dem Boden sitze und hoffe nicht vom Blitz erschlagen zu werden, und hoffe, dass es nicht noch mehr Wind gibt und das zweite Reff reicht, sitzt Thomas an der Pinne und strahlt bis über beide Ohren wie toll sich die Polka hält. Manchmal wundere ich mich.

Die Blitze machen uns allerdings doch etwas Sorgen. Zum Glück sehen wir sie bei diesem Regen nicht, sondern hören nur das permanente Grummeln und Donnern. Nach 20 Minuten ist der Spuk vorbei. Der Wind nimmt wieder ab und wir trauen uns, zurück zum Land zu steuern.

So langsam geht’s wieder

Derartige Böen dürfen uns auf keinen Fall in der Hafeneinfahrt oder bei der Liegeplatzsuche erwischen. Das könnte leicht Bruch geben. Daher warten wir die zwei folgenden Gewitter, die uns nur am Rande erwischen, noch ab, bevor wir gegen halb zwölf nachts sicher in Bagenkop einlaufen. Hier sieht es alles ganz friedlich aus, scheinbar hat kein Gewitter den Hafen erreicht. Es wird sogar noch gegrillt. Manchmal sind es wenige 100 Meter, die zwischen Unwetter und grillen liegen.

Klatsch nass und noch im Ölzeug zahlen wir heute Abend am Automaten unsere Hafengebühr und trinken unser Anlegerbier. Dann geht’s auch schon ins Bett. Aufregung macht müde.

Mann über Bord üben

Jahr:          Reise Nr. :
Datum: 19-06-2019
Ausgangshafen :          Zielhafen :
Distanz: 13 sm    signifikantes Wetter: Gewitter

Böenwalze

Mittwoch – wer übt hat mehr vom Segeln

Yachthafen Bagenkop

Auch heute sind wieder Gewitter angesagt.

Katrin: und ich habe von gestern noch genug davon.

Daher planen wir heute nur in der Nähe des Hafens zu kreuzen und dabei das ein oder andere zu üben. Beim ersten Anzeichen eines aufziehenden Gewitters wollen wir sofort zurück in den Hafen fahren. Zunächst üben wir das setzendes Code 0. Das Setzen des Code 0 klappt zwar, könnte aber noch flüssiger gehen.

Dann steht Wenden mit dem Code 0 auf dem Programm. Das klappt hervorragend.

Wir packen das Segel wieder ein und beginnen “Mann über Bord” Manöver auszuprobieren. Gar nicht so einfach mit dem Mini. Meistens sind wir zu zweit unterwegs. Da muss das gewählte Manöver einhandtauglich sein. Das Manöver auf Amwindkurs einfach in den Wind zu schießen und zu warten, bis man zurückgetrieben ist, funktioniert nicht. Wir sind zu weit entfernt. Da muss die Person im Wasser schon schnell reagieren und angeschwommen kommen. Mit aufgeblähter Schwimmweste ist das keine gute Option. Also geht ein sicheres Manöver nur mit Wende oder Halse. Einhand ist das bei mittlerweile gut 4 Bf Wind gar nicht so einfach. Immer muss man kurzzeitig den Blick von der Boje abwenden. Bei einer Halse passiert es schnell, dass man beim „Abtauchen“ zum Bedienen von Backstagen und Großschot, ein wenig die Orientierung verliert. Da müssen wir wohl noch weiter üben. Das Halsen muss quasi blind funktionieren. Einfach den Motor anzuwerfen ist keine Option. Bis der Außenborder im Wasser ist, der Benzinhahn, die Tankentlüftung und der Choke bedient sind, der Motor angeworfen ist und dann der Choke reingeschoben werden kann und wir zum “Über Bord gefallenen” fahren können, das dauert. Auch das Groß kann nicht einfach runter genommen werden. Man muss schon aktiv am Mast mithelfen um es runter zu bekommen. Also müsste beim Motoreinsatz auch noch auf ungewollte Halsen geachtet werden. Wir müssen weiter üben!

Wann sieht man eigentlich mal eine Crew, die eine Boje über Bord wirft und das Boje über Bord Manöver übt? Oft zum Beispiel vor Heiligenhafen, aber das sind die Crews, die sich für die SKS Prüfung vorbereiten. Private Crews sind uns noch nie beim Üben aufgefallen. Auch Hafenmanöver. Habt ihr schon mal gesehen, dass eine Crew den Einsatz von Leinen beim An- oder Ablegen ausprobiert, geschweige denn geübt hat? Aber warum ist das so? Sind wir beiden so schlecht und die einzigen die sich beim MOB unsicher sind, wenn Wind und Wellen stärker werden? Kann natürlich sein, glaube ich aber nicht. Man sieht es ja im Hafen. Da sind viele, oder eigentlich fast alle genau wie wir, alles andere als perfekt. Üben tut dennoch niemand. Oft sieht man hektische Betriebsamkeit. Gerne auch mal wird die Luvleine nicht ausgebracht. Haben wir diesen Urlaub allein zwei Mal gesehen. Wir sahen auch eine völlig überforderte Frau mit einer Leine in der Hand auf dem Vordeck stehen, die scheinbar absolut keine Idee hat, was sie mit dieser Leine anfangen soll, während der Mann am Ruder sitzt und wild nach vorne blökt. Warum reden die nicht vorher drüber? Wie soll die Frau Spaß am Segeln finden?

Bei uns ist es so, dass Katrin eher vorsichtig agiert. Sie will Dinge vorher ausprobieren und wissen wie das Boot reagiert. Dann macht sie auch alles selber und normalerweise deutlich besser als ich. Und dann tut sie es auch gerne. Aber erst einmal will sie sehen, wie es funktionieren soll und das es überhaupt funktioniert.

Katrin: Mit der Argo sollte ich am Anfang mit einer Männercrew an Bord ohne vorher zu üben in die Box fahren. Zum Ausprobieren, wie das Boot reagiert hatten die Herren keine Zeit und dabei habe ich zur großen Freude der Crew einen Pfosten getroffen. Es hat viel Überzeugungsarbeit von Thomas gebraucht, bis ich einen neuen Anlauf genommen habe Hafenmanöver zu fahren.

Also liebe Männer, wenn die Frau gerne mitfahren soll oder besser sie fährt und ihr wollt auch mal mitfahren, dann übt mit ihr Hafenmanöver und gerne auch alles andere. Es macht tatsächlich auch riesig Spaß, wenn man abends beim Hafenbier diskutiert, wie ein Manöver noch besser funktionieren kann. Und am nächsten Tag wird ausprobiert. So hat man einen gemeinsamen Sport und nicht irgendetwas wo der Partner nur aus Liebe mitmacht.

Segeln ist zwar ein recht ungefährlicher Sport, aber das MOB sollte man zu Beginn einer Saison auch mal geübt haben. Wenn es doch mal soweit kommt, sollte JEDER an Bord die Fähigkeit besitzen, möglichst schnell und möglichst ohne Verlust des Sichtkontaktes zurück zum Verunglückten zu kommen.

Nach drei Stunden Üben geht es zurück in den Hafen. Ich starte meine ersten Reparaturen am Boot. GFK ausbessern und Fallen auf andere Blöcke legen. Gefiel mir vorher nicht. Katrin geht baden. Ist mir viel zu kalt.

Wir grillen noch schnell am Grillplatz, wo heute eine Band Tanzmusik spielt. Nach einem kurzen Diskofox verdunkelt sich allmählich der Himmel. Dann gibt es das angekündigte Gewitter. Der Stegnachbar meldet nachher 9 Bf. Wir sind froh, das Gewitter in unserer trockenen, wenn auch kleinen Kabine und nicht draußen auf See zu erleben.

Am Wind nach Heiligenhafen

Jahr:          Reise Nr. :
Datum: 20-06-2019
Ausgangshafen :          Zielhafen :
Distanz: 32 sm    signifikantes Wetter: windig

Donnerstag – warum überhaupt ein Mini? Blöde Frage, muss aber mal gestellt werden ;-}

Heute wollen wir früh los und nach Heiligenhafen. Abends noch schön essen gehen? Mal sehen. Es kommt wie immer: Als wir endlich fertig sind, ist es 11 Uhr. Ist so unsere Zeit, wenn wir früh los wollen. Der Stegnachbar erzählt uns kurz vorm Auslaufen, dass sein Bootsdiesel nicht mehr läuft.

Katrin: Und ich erschrecke kurz, Thomas will den Diesel hoffentlich nicht reparieren?!?

Er will mit seiner Frau am nächsten Tag mit der Fähre zurück nach Großenbrode fahren. Den Motor soll sich dann die Woche über der örtliche Mechaniker ansehen. “Dann fahrt doch mit uns mit, wir bringen euch nach Heiligenhafen!”. “Meint ihr das ernst?”

Alleine die Frage regt mich schon ein wenig auf. Sind wir nicht alles Seeleute? Ok, aber zumindest doch Sportsfreunde! Und da hilft man sich doch. Gerade in so einer Situation. Erst als auch Katrin das Angebot wiederholt glaubt uns der nette Mann. Dass er als Toilette gerne unseren Eimer nehmen kann oder sich alternativ die eigene Pütz einpacken muss, haben wir ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesagt. War auch nicht nötig. Seine Frau lehnt direkt ab, als er sie hoffnungsvoll fragt. Er wäre gerne mitgesegelt, sie auf keinen Fall. OK, wer einen Mini nicht kennt, glaubt sicherlich: Total kippelig und gefährlich. Dass sie gerade die Chance vertan hat, im geilsten Boot der Welt mitfahren zu können, konnte sie ja nicht wissen. Die beiden gucken uns aber dennoch nach, und ein anderer Nachbar hilft mit den Leinen. Beim Wegfahren bekommen wir noch Bruchstücke des Gesprächs der beiden Männer mit: “Echt ein tolles Boot….” Recht haben sie.

Die Überfahrt machen wir zusammen mit drei deutlich größeren Booten. Mal sind wir, mal die anderen schneller. Irgendwann sind sie dann doch alle weg. Wir sind uns sicher, dass alle irgendwie hinter uns zurück geblieben sind, aber so genau haben wird das andererseits auch nicht verfolgt.

Ruhige Fahrt

Die Überfahrt selber ist wie meist in dieser Woche ein Amwind-Kurs. Erst an der äußersten Spitze Fehmarns bekommen wir den Wind etwas raumer. Wir haben irgendwie beide keine Lust mehr, den Code 0 für die letzte Stunde raus zu kramen. Dennoch kommen wir recht früh in Heiligenhafen an und verbringen dort einen schönen Nachmittag. Bei Baltic Kölln kaufen wir ein neues Gummiband um die Fock nach dem Bergen an der Seereling anbinden und so vorm Ausrauschen bei Windböen sichern zu können. Dann noch Gleitspray für das Groß. Es lässt sich für Katrin trotz Flaschenzug immer noch zu schwer setzen, Schmirgelpapier um die Gelcoatarbeiten abschließen zu können und noch ein paar Kleinigkeiten wie eine neue Curryklemme für unsere Cunningham. Die alte ist defekt. Mit der Cunningham kann das Vorliek des Großsegels gestrafft werden. Ist besser als mit dem Fall das Vorliek zu spannen. Ich bastle noch ein wenig rum und dann schlendern wir erst über die neue Seebrücke und genehmigen uns zum Abschluss vor der Bretterbude ein schönes Feierabendbier. Aus dem Glas schmeckt es doch besser als aus der Dose!

Dabei stellen wir uns noch immer die Frage: „Warum in Gottes Namen sind die beiden nicht mit uns mitgefahren?“ Selbst fuhren sie ein älteres, etwa 9 Meter langes Segelboot, also auch keinen Ozeanriesen. Der Landweg nach Großenbrode Fähre bedeutet: mit dem Bus nach Spodsbjerg, dann mit der Fähre von Langeland rüber nach Lolland, dort weiter mit dem Bus nach Rödby, von dort mit der Fähre nach Puttgarden und mit Bus oder Bahn nach Großenbrode von wo es dann abschließend mit dem Taxi nach Großenbrode Fähre geht. Wir schätzen für die Aktion braucht man einen ganzen Tag und es kostet sicherlich auch eine ganze Menge Geld.

OK, ein Mini sieht sportlich aus und man könnte erwarten, dass da nur Wahnsinnige mitfahren. Aber sehen wir wahnsinnig aus? Nein, wohl eher nicht. Wir finden keine gemeinsame Erklärung, warum die beiden das Angebot abgelehnt haben. Ich denke aber, dass unser Angebot für die Beiden zu plötzlich kam und sie es heute anders entscheiden würden.

Katrin: Ähm, ich würde auch nicht spontan zu wildfremden Leuten in ein Boot ohne Klo steigen…

Seitdem wir den Mini haben, gibt es dazu aber grundsätzlich eher positive Reaktionen. Am nächsten Tag überholt uns beispielsweise eine 40 Fuß Yacht in der Hafeneinfahrt unter Motor. Neben uns wird der Skipper plötzlich langsamer und ruft rüber: “Da habt ihr aber ein tolles Spielzeug!” Recht hat er. Einige wissen sogar, worum es sich beim Mini handelt. Dass es eben nicht ein kompromissloser Renner, sondern ein schnelles und zugleich sicheres Boot ist. Es wurde gebaut, um eine Regatta quer über den Atlantik zu segeln. Unser Mini ist Kategorie B, außerhalb von Küstengewässern. Für A – Hochsee – müssten wir strukturell nichts ändern, sondern lediglich weitere Ausstattung, wie eine Rettungsinsel und ein ordentlich gegen überschlagende Wellen gesichertes Schott einbauen. Um hochseetauglich zu werden, fehlt der Polka also lediglich Ausrüstung.

Auch bei schlechtem Wetter eine gute Wahl

Die Sicherheit war für uns tatsächlich ein wichtiger Punkt als wir uns für die Polka entschieden haben. Wir hatten die Wahl zwischen einer H 22, einer J 22 oder der Polka. Die beiden anderen wären mit Trailer gewesen. Wir haben uns damals extra eine J 22 auf der Schlei ausgeliehen und sind einen Tag lang Probe gesegelt. Hat super Spaß gemacht. Das Teil hat einen spitzenklasse Wendewinkel und macht riesig Spaß. Für zwei Personen ist die Liegefläche in der Kajüte auch groß genug. Den Ausschlag hat für uns die Frage gegeben: „Was machen wir, wenn wir am Wochenende mal nach Dänemark gesegelt sind und dann das Wetter umschlägt?“ Sicherlich nicht mit der J22 zurück fahren. Da hätten wir, wenn uns niemand die Rückfahrt mit einem Mini angeboten hätte, den langen Weg über Spodsbjerg, Rödby, Puttgarden und so weiter nehmen müssen. Mit dem Mini kann das Wetter auch mal etwas schlechter sein.

“Ein Mini ist das Bekenntnis zur Unvernunft!”.

Toller Spruch, stimmt auch irgendwie. Aber ist es wirklich unvernünftig, ein Boot zu fahren mit dem man grandiosen Spaß hat, und dafür die halbe Zeit basteln muss?

Ich gebe mal ein Beispiel. Mit der Argo, unserem Boot davor hatten wir auch viel Spaß. Es war 9,40 Meter lang und 3,5 Tonnen schwer. Wenn wir damit beispielsweise bei 4 Bf Westwind von Wendtorf aus nach Bagenkop gefahren sind, haben wir nach der Hafeneinfahrt die Segel gesetzt und sie kurz vor Bagenkop wieder geborgen. Zwischendurch haben wir noch einen Kaffee gekocht und ein paar Schnittchen geschmiert. Oder heute mal etwas Kochen? Alles kein Problem. Da es uns damals nicht auf Geschwindigkeit ankam haben wir auf der Fahrt nur noch sehr selten die Segel richtig eingestellt. Das war für uns damals völlig in Ordnung. Da ging es uns mehr um das Ankommen, das Maritime und das Segelfeeling, nicht darum, das Maximale aus dem Boot herauszuholen.

Katrin: Wir hatten einen Spi und einen Blister und manchmal haben wir die auch ausprobiert. Nur konnte man damit nicht so viel mehr Geschwindigkeit rausholen wie bei der Polka.

Dieselbe Fahrt mit dem Mini? Du verstellst permanent die Segel! Irgendwas probierst du immer aus, um noch etwas mehr Speed herauszuholen. Spätestens hinter dem Kieler Leuchtturm wird der Code 5 rausgeholt. Oder der Code 0. Probieren wir es aus. Kochen? Macht keinen Spaß bei dem Geschaukel. Es gibt eine 5 Minuten Terrine und ein Brötchen. Maximal mit Butter und draufgelegter Wurst.

Ich will nicht sagen, dass Mini fahren besser ist. Man segelt nur mehr und wohnt weniger. Man tut das, wofür wir eigentlich hier draußen rumfahren. Zugegeben, Luxus ist anders. Mädels müssen sehen, wie sie auf dem Eimer sitzen bleiben und Jungs müssen sich beim Pinkeln vor den Eimer knien. Händewaschen? Na egal. Sollten wir uns nicht alle mal überlegen, etwas weniger zu besitzen und somit weniger CO2 zu erzeugen? Ein Mini ist zwar keine Lösung, hilft aber dabei, sich auch privat auf viel weniger einzustellen.

Also mein Appell am Ende des Tages ist: “Wenn sich euch die Möglichkeit bietet, bei einem Mini mitfahren zu können, probiert es aus!” Ansonsten kauft euch einen. Wenn ihr so ähnlich wie wir drauf seid, werdet ihr es nicht bereuen.

Rund Fehmarn

Jahr:          Reise Nr. :
Datum: 21-06-2019
Ausgangshafen :          Zielhafen :
Distanz: 55,5 sm    signifikantes Wetter: windig

Freitag – sind Regatten eigentlich nötig? Ja klar!!!

Einige Regatten gehen Fehmarn rund. Zum Beispiel heute Abend richtet der “Akademische Segelverein Warnemünde” eine Regatta aus, die von Warnemünde aus rund Fehmarn und dann nach Kühlungsborn geht. Da wollten wir eigentlich mitfahren. Leider müssen wir beide am Montag wieder arbeiten und der Wind verspricht am Sonntag eine sehr späte beziehungsweise gar keine Ankunft mehr in Kiel. Wahrscheinlicher wird es früher Montagmorgen.

Wir wollen aber wenigstens sehen, wie sich Fehmarn Rund anfühlt. Damit haben wir letztes Jahr schon einmal angefangen, mussten aber früh umkehren, weil unsere Dreifarbenlaterne nicht funktionierte und wir nicht ohne Licht durch in die Nacht segeln wollten.

Ratet wann wir dieses Mal, es sollte früh losgehen, abgefahren sind? Genau richtig, um 11! Wir dachten aber auch, dass wir in 6 Stunden einmal rum sind. War natürlich nicht so. Aber der Reihe nach.

Es fing schon mal ganz blöd an, nämlich ohne Wind. Die Segel haben wir am Ende der engen Fahrrinne von Heiligenhafen gesetzt und sind dann mir zwei drei Knoten Richtung Fehmarnsund geschippert.

Langsam geht’s voran

Später stellte sich dann doch etwas mehr Wind ein. Unter Fock und Groß ging es hart am Wind zur Fehmarnsundbrücke. Nach mehreren Wenden haben wir die Brücke sauber unter Segeln genommen. Knapp hinter uns ging eine neue Dehler 31 durch, mit der wir uns einen netten Fight liefern konnten. Sie war zugegebenermaßen etwas schneller als wir. Aber erst am Ende der Fahrrinne konnte sie uns überholen.
Der Wind drehte dann von Ost auf Nordost und nahm stetig zu. Wir entscheiden uns für den Code 0. Mit vier bis fünf Knoten ging es weiter.

Irgendwie haben wir es gar nicht richtig gemerkt. Der Wind wurde deutlich stärker und kam immer raumer, also aus nördlichen Richtungen. Für diese Windrichtung haben wir unheimlich weit nach Süden ausgeholt. Als wir es schließlich gemerkt haben konnten wir auf halben Wind abfallen. Unser Glück, denn jetzt ging der Tanz los.
Ab acht Knoten kommt die Polka bei moderaten Wellen ins Gleiten. Aber so richtig abreißen tut die Heckwelle erst ein bisschen später. Immer wieder überschreiten wir die acht Knoten und freuen uns tierisch. Der Wind nimmt weiter zu. Neun Knoten. Und dann stehen Zehn Knoten auf dem GPS. Wir sind ZWEISTELLIG!!! Das erste Mal mit der Polka schaffen wir die Zweistelligkeit. Am Ende werden es ganze 10,8 Knoten. Den Rekord aus dem letzten Jahr haben wir somit um einen Knoten verbessert!!! Viel zu schnell haben wir Staberhuk Ost erreicht und es geht auf Nordkurs und damit fast genau gegenan. Für heute ist der Spaß erst einmal vorbei. Wir rollen den Code 0 nur ein und lassen ihn als Schlauch oben. Wie blöd das ist, merken wir leider erst viel später.

Code Zero am Wind
Code Zero am Wind

Der Wind kommt jetzt wieder von vorne und nimmt deutlich ab. Das schafft uns die Gelegenheit, selbst eingekochte vegetarische Reispfanne aufzuwärmen. Essen selbst einzukochen ist eine tolle Sache. Der Reis ist vielleicht etwas verkocht, was an meinen Kochkünsten liegen könnte, aber kein Vergleich zu den üblichen 5-Minuten Terrinen.

Selbst eingekochtes Essen

Frisch gestärkt legen wir uns nacheinander hin und fahren gaaaanz langsam Puttgarden entgegen. Es dauert ewig, bis wir den Fähranleger querab haben. Mittlerweile hat sich der Wind noch weiter auf West gedreht. Heute haben wir echt kein Glück und es geht weiterhin gegenan. Unser Wendewinkel liegt bei etwa einhundertundzwanzig Grad. So kommen wir nur schleppend aus der Fahrrinne der Fähren raus und müssen ständig auf die ein- und auslaufenden Schiffe achten. Die Wellen werden immer höher und steiler. So langsam wird es unschön hier draußen. Irgendwann hat Katrin die Idee, den Code 0 jetzt mal ganz einzuholen. Er hängt immer noch als Wurst vor der Genua.

Durch die höher werdenden Wellen schlagen jetzt immer mehr von ihnen vorne über das Boot und beim Bergen wird nicht nur der Code 0 klatschnass. Dann reffen wir noch schnell das Groß. Erst ins erste und dann ins zweite Reff. Der Wendewinkel wird schlagartig besser. So geschätzt einhundert Grad. Wir werden den Code 0 nach dem Einrollen ab heute immer gleich bergen und nicht stehen lassen. Immerhin kommen wir jetzt schneller aus der Fahrrinne raus und weiter Richtung Westen. Reffen bremst Polkas Drang nach vorne bei diesem Wind überhaupt nicht. Es ist weit und breit keine Berufsschifffahrt im Belt unterwegs und so entscheiden wir uns für weite Schläge bis weit hinaus in die Fahrrinne der großen Pötte. So kommen wir ganz gut voran und der Spaß kommt schrittweise zurück.

Aber langsam wird es kalt und ungemütlich. Gegenanbolzen ist wirklich nicht das Schönste, was man mit einem Mini machen kann. Und dennoch gibt es immer mehr Minis in Deutschland. Und immer mehr gehen mit ihren kleinen, seegängigen “Glitschkisten” an die Startlinien der Regatten. Die neueste Regatta ist die Baltic 500, die in diesem Frühsommer zum ersten Mal gestartet wurde. 500 Seemeilen von Strande am Ausgang der Kieler Bucht, durch den Öresund an Kopenhagen vorbei, entlang der Westküste Schwedens um die Insel Læsö. Dann an der Ostseite von Jütland gen Süden durch den Großen Belt zurück nach Strande. Immerhin 10 Minis waren am Start. 8 davon sind angekommen.

Wenn hier noch zwei Mann Crews an den Start gehen, sind es beim Silverrudder nur noch Einzelfahrer die sich den Strapazen stellen. Sie müssen Fünen im Herbst etwa zur Tag-Nacht Gleiche umrunden. Letztes Jahr hatte ich auch gemeldet, habe meinen ersten Versuch, eine Einhand-Regatta zu bestreiten dann aber wegen der stürmischen Winde aufgeben müssen. Ich hatte auf jeden Fall zwei Tage und eine Nacht geplant, bin aber davon ausgegangen, auch noch mindestens in die zweite Nacht hinein fahren zu müssen.

Was hat mich dazu bewogen, beim Silverrudder mitzufahren? Abenteuerlust? Immerhin ist so eine mehrtägige Regatta eines der letzten Abenteuer unserer Zeit. Midlifecrisis? Passt vom Alter, ich bin gerade 50 geworden. Sich einer neuen Herausforderung stellen? Klingt schon besser. Das “normale” Leben stellt mich vor keine großen Herausforderungen mehr. Sich mit anderen messen zu können? Ja, der Spruch: “Ein Boot: segeln. Zwei Boote: Regatta.” ist ja nicht so ganz falsch. Oder ist es nur die einfache Lust am Segeln? Ja, das kann ich auch bestätigen.

Ich denke am Ende sind es all diese Dinge, die so viele Normalos hin und wieder dazu bringen, sich einer ganz besonderen Aufgabe zu stellen und für ein paar Tage den Alltag und den ganzen anderen Sch… zu vergessen.

Wir sind letztes Jahr zwei Regatten mitgesegelt. Einmal das 24 Stunden Rennen, das uns kreuz und quer über die westliche Ostsee schickte und dann “Südsee Rund”, eine eher private Veranstaltung mit 120 Seemeilen Strecke. Beide Male waren wir hellwach und haben immer versucht, die Segel wirklich optimal einzustellen. Klar, wir waren noch nicht so gut, dass wir unseren Code 0 bei ordentlich Wind zwischen den dänischen Inseln hochgenommen hätten, aber wir haben alles Mögliche rausgeholt und sind sicherlich am Ende wieder ein kleines Stück besser geworden. Probiert es mal aus, sobald man eine Regatta segelt und sei es auch nur aus Spaß, beschäftigt man sich viel intensiver mit dem Boot und wie man schneller wird. Sei es durch den richtigen Kurs oder die Stellung der Segel. Wir für uns können jedenfalls sagen, dass wir durch die Regatten eine weitere Tür aufgetan haben und noch deutlich mehr über das Segeln nachdenken.

So auch heute. Wir segeln ja nicht aus Langeweile Fehmarn Rund und kommen irgendwann durchgefroren und nass in der Nacht wieder im Hafen an. Nein, wir wollen für kommende Regatten üben und stellen uns deshalb dieser Strapaze. Und wie kann man besser üben, als auf einen Rundkurs? Probiert es aus, plötzlich segelt man nicht nur von Kiel nach Schleimünde, genießt die Nachmittagssonne im Cockpit und segelt dann am nächsten Tag zurück. Plötzlich steckt man sich neue Ziele und erlebt ganz tolle Momente und düst deutlich weitere Strecken und zu anderen Häfen.

Aber zurück zu unserer Fehmarn Runde. Kurz bevor wir die Nordwestspitze Fehmarns erreichen, krame ich etwas zu Essen aus der Kabine. Als mal wieder eine Welle über das Vorschiff geht, tropft es wild aus dem Luk im Vorschiff. Ich fummele dran rum und habe das Gefühl und die Hoffnung, dass der eine Riegel nicht ganz zu war. Jedenfalls sind die Matratzen und Schlafsäcke durchnässt. Mist, dann werden wir heute Nacht auch noch im Nassen schlafen müssen.

Dafür meint es die Polka und das Wetter jetzt noch einmal gut mit uns. Als die Sonne am Horizont verschwindet, bekommen wir den herrlichen West auf unserem Südkurs von der Seite. Wir reffen aus und fahren durchgehend über Rumpfgeschwindigkeit die Westküste Fehmarns entlang. Vergessen ist die hackige Kreuz und das nasse Bett. Polka ist in ihrem Element. Wir auch. Dafür tut man sich das an. Segeln im Dunkeln mit einem Affenzahn. Hinter uns das laute Rauschen der Heckwelle und wir glücklich auf unserer kleinen, schnellen Welt.

Irgendwie freuen wir uns, dass wir im Sund nachts um halb eins noch drei Seglern begegnen. Nachtsegeln ist wunderbar. Sollte bei jedem auf der ToDo Liste stehen, der das noch nicht ausprobiert hat.

Ziemlich fertig erreichen wir um ein Uhr die Marina Heiligenhafen. Wir schnappen uns wie wir sind zwei Dosen Bier und watscheln in unserem nassen Ölzeug in Stiefeln zum Fischereihafen. Hafenbier, auch aus Dosen, kann so wunderbar lecker sein. Die Nässe in unserer Kabine bemerken wir nur noch ganz am Anfang, bevor wir tief und fest einschlafen. Was für ein herrlicher Tag.

Abendstimmung auf der Schlei

Jahr:          Reise Nr. :
Datum: 22-06-2019
Ausgangshafen :          Zielhafen :
Distanz: 41 sm    signifikantes Wetter: sonnig

Samstag – lass jeden machen, wie er meint

Der Urlaub neigt sich langsam dem Ende zu. Wir wollen die Zeit noch etwas genießen und da das Wetter super ist, legen wir die Matratzen und Schlafsäcke nach draußen und machen uns auf den Weg, heute mal ordentlich zu frühstücken.

Manchmal muss man die Matratzen trocknen

Bäcker Puck hat eine schöne Backstube nicht weit vom Hafen. Hier waren wir schon oft. Man kann so herrlich draußen sitzen und Leute begucken während man ein günstiges, aber leckeres Frühstück genießen kann. Ich muss an meinem Outfit arbeiten. Als ich mit unseren beiden Frühstückstabletts rauskomme meint ein anderer Gast ich sei der Kellner. Er wird echt knurrig, als ich ihm unser Frühstück nicht abtreten will. Am Ende beruhigt sich alles und er holt sich sein eigenes Frühstück drinnen ab.

Unser heutiges Ziel ist Schleimünde. Wir bereiten uns viel zu wenig auf die Fahrt vor und schippern ganz gemütlich, heute erst gegen zwölf Uhr, Richtung West. Bei nur wenig Wind, fast gegenan geht es gemächlich los. Die letzten Tage war ein großes Manöver in den Warngebieten Todendorf und Putols die daher für die Schifffahrt gesperrt waren. Das hätte einen weiten Umweg bedeutet. Aber heute pünktlich um 12:30 ist die Natoübung beendet und wir können den geraden Weg nehmen. Mit uns nutzen noch einige andere das Zeitfenster und segeln nach Westen. Einige wollen sicherlich zur Kieler Woche, die heute beginnt.

Mit einigen anderen, die auch Richtung Schlei oder Flensburger Förde unterwegs sind können wir uns messen. Sie sind gar nicht schlecht unterwegs und halten gut mit, bis der Wind einen kleinen, aber für uns ausreichenden Dreher auf Süd macht. Ab da sind wir nicht mehr ganz hart am Wind unterwegs. Jetzt werden bei dem leichten Wind und der kleinen Welle die anderen zu Statisten degradiert. Als wir den Code 0 setzen, fahren wir 4 Knoten. Wir haben leider keinen Windmesser an Bord. Aber viel mehr als 4 Knoten Wind haben wir heute sicherlich auch nicht. Da haben die schweren, wenn auch viel größeren anderen Boote nicht den Hauch einer Chance.

So geht es Meile um Meile der Schlei entgegen, die weiter weg ist, als gedacht. Nächstes Mal doch besser die Karte studieren und mal rechnen. Der Wind dreht auf Ost und wir wechseln den Code 0 gegen den Code 5 aus. Heute hätten wir auch den großen Spi setzen können. Wenn man keinen Gegner hat, wird man schnell lethargisch. Wir denken einfach nicht daran.

Katrin in der Dämmerung

Die Fahrt ist so ereignislos, dass ich nichts weiter berichten kann. Erst gegen 22 Uhr, wir sind unter Segeln in die Schlei gefahren, versuchen wir unser Glück in Schleimünde. Klar, irgendwo hätten wir uns reinquetschen können. Aber die Giftbude war schon zu und wir hatten beide keine Lust auf Reinquetschen. Segel wieder hoch und weiter durch einen herrlichen Sonnenuntergang nach Maasholm. Ganz leise gleiten wir dahin. Das hat sich definitiv noch gelohnt.

Abends in der Schlei

Die Fahrt plätschert so dahin, ohne weitere nennenswerte Ereignisse. Erst gegen 22 Uhr fahren wir unter Segeln in die Schlei und versuchen unser Glück in Hafen von Schleimünde. Klar, irgendwo hätten wir uns zwischen zwei Boote quetschen können. Aber die Giftbude war schon zu und wir hatten beide keine Lust auf Reinquetschen. Segel wieder hoch und weiter durch einen herrlichen Sonnenuntergang nach Maasholm. Ganz leise gleiten wir dahin. Das hat sich definitiv noch gelohnt.
Erst kurz vorm Hafen bergen wir die Segel und werfen unseren Jockel an. Wir nehmen den erst besten Liegeplatz und machen uns auf, die Stadt nach etwas essbaren und einem kühlen Bier abzusuchen. Das Einzige was wir finden ist eine Raucherkneipe. Niemand beachtet uns als wir laut: “Moin“, durch die dichten Rauchschwaden sagen. Wir gucken uns an und sind uns beide einig, heute gibt’s doch wieder ein Dosenbier zum Einlaufen und irgendeine Kleinigkeit aus der Backskiste.

So sitzen wir an unserem letzten Abend da, reden kaum, beobachten die streitsüchtigen Möwen und genießen die Situation. Keiner von uns beiden möchte in diesem Moment woanders auf der Welt sein.

Beim Segeln ist es oft so. Manchmal hat man Stress und weiß gar nicht wo man anfangen soll und manchmal sitzt man nur da. Lässt die Gedanken kreisen. Die Diagnose eines Psychologen würde: „Zu sich selbst finden!“, lauten. Mir ist egal, was es ist. Was ich aber mittlerweile ganz klar sagen kann: „Solange wir rausfahren, wird es nie langweilig!“ Manche Segelboote könnten sicherlich Balkonkästen an die Handläufe auf dem Vordeck befestigen. Wenn man schon nie rausfährt, sollte man wenigsten etwas Frisches zu Essen haben. Klingt nach Vorwurf. Wenn ich so drüber nachdenke wäre ein Vorwurf aber total falsch. Immerhin raus. Ein Hobby haben und wenn es nur darin besteht, dass Boot für den Fall der Fälle fahrbereit und sauber da stehen zu haben. Was machen Dauercamper? Auch nicht mehr. Meine Eltern hatten früher auch einen Wohnwagen. Da sitzt man sehr viel davor und guckt gemütlich in die Welt. Und ist glücklich damit!

Es wäre falsch jemanden vorschreiben zu wollen, wie er sein Hobby ausleben soll. Da gibt es die, die fast nur im Hafen bleiben und das Boot als Ferienwohnung nehmen. Andere segeln bei 2-3 Bf kleine Strecken und sind damit glücklich. Die nächsten segeln wann immer es geht. Zum Beispiel den kompletten Chartertörn. Egal wie viel Wind weht. Oder die vielen Regattasegler, die auf ihren kleinen Jollen Dreieckskurse fahren. Tag für Tag. Sie alle haben ihren Spaß bei dem was sie machen. Ob auf dem Baggersee, der Ostsee, im Mittelmeer, oder irgendwo anders auf den Weltmeeren.

Alle machen lassen. Sollten wir auch für andere Lebensbereiche übernehmen.

Heimweg

Jahr:          Reise Nr. :
Datum: 23-06-2019
Ausgangshafen :          Zielhafen :
Distanz: 26 sm    signifikantes Wetter: sonnig

Mini 6.50

Sonntag – Von Rekorden und Zielen

Die heutige Aufgabenteilung: Katrin schläft aus und Thomas kauft Brötchen. Nur Spaß, ich bin einfach zu früh wach geworden und schon mal los.

Wir frühstücken und kommen heute um halb elf los. Rekord. Der Wind kommt aus Ost und in der Schlei genau gegenan. Also den kleinen internen Tank des Außenborders auftanken und los. Kurz vor der Ausfahrt überholt uns ein Folkeboot. Vor- und Großsegel liegen zum Setzen bereit. Draußen auf der Ostsee wartet eine steile und ziemlich hohe Welle. Daher hatten die meisten ihr Groß schon zuvor in der Schlei hochgezogen. Wir beobachten den Folkebootfahrer. Ganz schöner Tanz auf dem wild hüpfenden und rollenden Boot. Sieht eher nach Rodeoreiten als nach Segeln aus. Findet der Kollege wohl auch und lässt die Fock lieber unten.

Jetzt sind wir dran. Der Motor quält sich gegen die Wellen und den Wind. Gut gesichert gehe ich nach vorne. Ist gar nicht einfach das störrische Groß mit seinen Latten bei diesem Ritt durch die steile Welle hoch zu bekommen. Irgendwann klappt es aber und als dann noch die Genua steht, beruhigt sich unser Wildpferd und kennt nur noch eine Richtung, vorwärts. Wieder sind wir Beiden total begeistert von diesem kleinen Boot. Das ist Sport, geiler Sport sogar. Die Windstärke liegt konstant bei 4 bis 5 Bf. Immer wieder sehen wir heute große, seegängige Yachten, auf denen die Mannschaft kurzärmelig hinter der Spritzkappe sitzt. Locker werden die 12 Meter Yachten durch die unruhige See gejagt.

Wir dagegen sitzen in vollem Ölzeug da, bekommen Gischt ab und kämpfen mit der Natur. Nicht schlimm, gerade so, dass es riesig Spaß macht. Wir haben es ja nicht anders gewollt.

Hinter dem Sperrgebiet zwischen Schleimünde und Damp müssen wir noch etwas höher an den Wind. Wir reffen das Groß. Das klappt mittlerweile super. Der ganze Horizont vor Kiel ist voll mit Segeln. Aus der Eckernförder Bucht kommen gerade die Teilnehmer der Aalregatta, während vor uns ein riesiges Feld von kleinen Jollen um den Sieg kämpft.

Es folgt eine Slalomfahrt durch die Regatten. Die Regattaboote, meist Jollen, sind so schnell und flink, dass wir mehrmals ganz schnell eine Wende fahren müssen um nicht quer durch eines der Regattafelder zu ballern.

Irgendwann sehen wir auch den Folkebootfahrer wieder. Wir ziehen kurz vor ihm vorbei. Er hat immer noch seine Fock unten. Dafür hat er das mit dem Sperrgebiet nicht so ernst genommen und ist gerade durchgeballert. Also sagen wir unentschieden. Wir außen herum und er ohne Fock ;-}.

Zwischenzeitlich hören wir ein leises “Mayday, Mayday, Mayday” aus der Kabine. Eigentlich bekommt man hier draußen in der Plicht leider nichts vom Funk mit, aber das vernehmen wir doch. Ich werde neugierig und geh runter zum Funk. Einer der Teilnehmer der Aalregatta hat einen Ruderbruch. Bremen Rescue kümmert sich darum. Das Mayday deutet eher auf eine kleine Panik hin, als auf einen echten Seenotfall. Bremen Rescue schickt auch ein Boot der DGzRS (Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger), wenn man sie einfach nur anfunkt und um Hilfe bittet.

Es scheint endlos zu dauern, bis wir endlich die Fahrrinne des Kiel-Ostsee-Wegs erreicht haben. Gerade läuft die Magic Color aus der Kieler Förde aus. Für den Frachter, der ihr entgegenkommt und einlaufen will, sind wir schnell genug. Für die Magic Color müssen wir etwas abfallen, damit wir sicher hinter ihr passieren können. Fahrrinne queren finden wir immer spannend. Ein anderer, der meinte er schafft es noch, wird böse von der Magic Color angehornt.

An der Ansteuerungstonne von Wendtorf fallen die Segel und wir laufen ein. Erst einmal räumen wir ganz in Ruhe das Boot auf. Dann geht es zum Fischer-Imbiss zum späten Mittagessen. Um 18 Uhr haben wir alles geschafft. Leider. Wieder ist eine Woche Urlaub zu Ende. Wieder haben wir viel erlebt und genauso viel gelernt. Wieder sitzen wir traurig im Auto, weil es viel zu schnell zu Ende gegangen ist. Zu bemerken ist, dass wir keine Schäden an der Polka haben. Es ist nichts Neues kaputt gegangen. Damit haben wir den zweiten Rekord nach den 10,8 Knoten geschafft!

Resümee – Doch lieber chartern?

Auf der Fahrt zurück nach Dortmund lasse ich die Woche noch einmal Revue passieren. Wir haben einen Tag segeln verloren, weil wir unser Boot in Ordnung bringen müssen. Als absolute Ausnahme sind dieses Mal keine neuen Schäden zu reparieren oder notwendige Änderungen zu machen. Lohnt sich für uns überhaupt ein eigenes Boot? Unsere Polka ist ja doch sehr pflegebedürftig. Wie oft fahren wir in der Kälte im Winter zum Boot und basteln? Ist es nicht doch besser ein Boot zu chartern, wenn man Lust zum Segeln hat? Ich glaube, diese Frage abschließend zu beantworten könnte ganze Bücher füllen. Also ganz kurz. Was sind unsere Gründe für ein eigenes Boot?

Der für mich wichtigste Grund zum Chartern wäre, das Revier wechseln zu können. Wer träumt nicht davon, mal in der Südsee segeln zu gehen und in einer einsamen Bucht in das kristallklare Wasser zu springen? Aber für eine Woche ist das eh zu weit und drei Wochen mit Flug und allem sind zu teuer. Toll ist sicherlich auch, dass man die Bootstypen wechseln kann. Mal einen Cat und mal etwas gemütliches gefällig? Aber eigentlich wollen wir eh nur Polka fahren. Dann natürlich die Arbeit, die ein eigenes Boot macht. Wenn ich unsere ToDo-Liste ansehe, stehen da immer reichlich Punkte drauf. Großfall austauschen, mehrere Macken weg machen, das Wasserstag ablängen und vernähen, die Winschen müssen gewartet werden, die Luke und der Bugkorb müssen abgedichtet werden und nicht zu vergessen, Antifouling im Winter anschleifen und neu streichen. Mittlerweile mache ich das nur noch mit Gasmaske, Schutzbrille und Gummihandschuhen. Ist nicht gerade gesundheitsfördernd.

Ja und wie kommt man dann überhaupt auf die Idee, ein eigenes Boot zu fahren? Nur das Geld kann es ja nicht sein, das eigene Boot kostet auch eine ganze Menge.

Zunächst einmal bin ich der Meinung, dass die lange ToDo Liste ein großer Vorteil ist. Ich behaupte, ich kann heute fast alle Reparaturen am Boot selbst ausführen. Egal, was kaputt ist: ein Bootsdiesel, die Elektrik oder Gelcoat. Ich habe das alles schon mal gemacht. Auch bei einem Charterboot kann mal etwas ausfallen. Wohl dem, der sich zumindest bei Kleinigkeiten dann zu helfen weiß.

Auf der „Boot“ in Düsseldorf haben wir uns schon oft die typischen Charterboote angesehen und selbst sind wir auch schon drei gefahren. Wenn man nicht die hochpreisigen wählt, sind sie lediglich aufs Wohnen und so gut wie gar nicht aufs Segeln ausgelegt. Mit so einer Karre macht uns segeln heute keinen Spaß mehr. Eventuell später, wenn wir wieder mehr Fahrtensegeln wollen, aber dann chartern wir natürlich auch nicht. Ein eigenes Boot kennt man in und auswendig und es ist meist besser ausgestattet als eine Charteryacht. Einen Mini gibt’s gar nicht zu chartern. Wir haben meist nur von Freitag bis Sonntag Zeit zu segeln. Und für drei Tage wird’s mit dem Chartern schon schwer.

Für Katrin und mich ist klar, wir wollen kein Boot chartern sondern weiter ein eigenes Boot fahren, hier in der Ostsee, im schönsten Revier überhaupt. Und unser erster Tag diesen Törn? Den ganzen Tag durch die Förde fahren und überlegen, wie wir unser Fall einbauen können? Hat ja auch Spaß gemacht.

Und wenn alles funktioniert, ist es kein Abenteuer

Und unsere Vorsätze, haben wir alles geschafft?

Sehr gute Ausbeute für eine Woche Mini intensiv!